Die theoretischen und praktischen Grundlagen für den Betrieb des KC85-Systems in einem TCP/IP-Netzwerk per Ethernet sind nach fast genau einem Jahr intensiver Arbeit vorhanden. Nun kann ich mich erst mal etwas zurücklehnen und die weitere Entwicklung abwarten.

Mit dem vorläufigen Abschluss der Weiterentwicklung soll in diesem Fazit das Projekt mit dem Blockdiagramm noch einmal zusammengefasst und etwas bewertet werden.

 

Blockdiagramm KCNET


Wie man dem Diagramm entnehmen kann, wird die Netzwerkschnittstelle aus einer Kombination von Hard- und Software bereitgestellt. Die Ankopplung an das Z80-System mit Hilfe einer Standard-PIO auf der Bytetransportebene macht die unterschiedlichen Busse des W5100 und Z80 per Software kompatibel.

Einerseits geht das etwas zu Lasten der Geschwindigkeit, es werden ca. 50% der theoretisch möglichen Geschwindigkeit mit dem KC85-System erreicht. Andererseits ist der notwendige Hardwareaufwand sehr klein und übersichtlich, so dass der Nachbau mit Amateurmitteln gut zu beherrschen ist und eventuelle Fehler beim Nachbau mit den Mitteln der vorhandenen Programme auf beiden Seiten schnell gefunden und beseitigt werden können.

Die Netto-Übertragungsgeschwindigkeit von ca. 22 kByte/s auf der Applikationsebene ist für eine Übertragung von Binär- und Textdaten mehr als ausreichend, es gibt für den KC85 im Moment kein Speichermedium, was Daten mit so einer Geschwindigkeit schreiben oder lesen kann. Insofern erfüllt das Interface die von mir anvisierten Ziele einer gefühlt schnellen Datenschnittstelle vollkommen und ist auch für andere Zwecke mehr als ausreichend schnell.

Viel wichtiger war mir bei der Entwicklung ein sicherer und stabiler Betrieb, wobei die zugrunde liegende Technologie vom Anwender beherrscht werden kann und jeder auch ohne tiefschürfende Kenntnisse den KC85 in einem üblichen Heimnetzwerk problemlos und stressfrei betreiben kann.

Die Art der Anbindung hat den unschätzbaren Vorteil, das dieses Interface mit jedem Z80-System nachgenutzt werden kann. Es gibt beispielsweise für den ZX-Spectrum auch noch ein anderes Projekt mit dem gleichen TCP/IP-Stack, dort wird die Busanbindung per Hardware realisiert, was den Einsatz von vornherein auf diese eine Computerfamilie beschränkt.

Ich habe mit diesem Projekt einen langgehegten Traum in die Wirklichkeit umgesetzt und meinen Lieblingscomputer in mein Heimnetzwerk eingebunden. Das hat sehr viel Arbeit gemacht und viel Freizeit gekostet. Mir ist auch nach wie vor klar, dass nach den Grundlagen die Arbeit noch nicht erledigt ist.

Wie schon mehrfach geschrieben, ist eine moderne und leistungsfähige Schnittstelle ohne entsprechende Software recht wenig wert. Meine Ziele werde ich alle erreichen, die Datenübertragung im lokalen Netzwerk ist ja bereits möglich.

Die Möglichkeit, Software direkt per Internet auf und vom KC85 zu transportieren, werde ich auch noch umsetzen. An einem leistungsfähigen TELNET-Programm besteht eigentlich auch persönliches Interesse aber dann gehen meine Vorstellungen mehr in Richtung netzwerkfähige KC-Programme und das vordergründig unter CAOS.

Ein Projekt lebt nun mal vom Mitmachen und der Beteiligung, da einer allein nicht alles machen kann. Dort muss ich dann zum heutigen Zeitpunkt auch mal kritisch hinterfragen, ob da überhaupt genügend Interesse und Bereitschaft vorhanden sind, bisher ist ein Feedback kaum vorhanden.

An der Hardware kann es eigentlich nicht liegen, zur Zeit wird wieder einmal "beängstigend" viel an der alten Technik herumgebastelt - dafür ist sie ja auch perfekt geeignet. Sicher gehört Software nicht unbedingt immer dazu aber man kann einen Computer wirklich auch programmieren ... 

Ich wollte damit nicht sagen, dass ich nichts mehr machen will - weit gefehlt - aber wenn jemand mit dem KC beispielsweise auch mal E-Mails verschicken, Newsgroupbeiträge schreiben oder im IRC chatten will (diese Anwendungen sind problemlos umsetzbar), sollte man sich schon mal an den Gedanken gewöhnen, dass das nicht von allein passieren wird.

Zur Hilfe und Unterstützung bin ich immer bereit aber Aktivität müssen dort die potentiellen Interessenten entwickeln. Der Code für die Netzwerkzugriffe ist immer nur ein Teil des Netzwerkprogrammes, mal etwas mehr, mal etwas weniger. Beispiele sind ja mittlerweile genug vorhanden und wenn man etwas nicht versteht und es wissen will, muss man sich eben weiterbilden oder fragen.

Die bisher entwickelte Software ist für ein kleines Heimnetzwerk, wie im folgenden Bild gedacht:

Heimnetzwerk DHCP


Ein Router ist in der heutigen Zeit eigentlich unverzichtbar, wenn man seinen PC o.ä. etwas vom "Internet-Dreck" fernhalten will. Es geht aber natürlich auch ohne oder anders.

Falls noch jemand direkt per DSL- oder Analog-Modem ins Internet geht und eine freie Ethernet-Schnittstelle am PC hat, der kann die Modem-Verbindung über das ICS (Internet-Connection-Sharing) von Windows vernetzen und den an der Netzwerkbuchse angesteckten KC85 auch ins Internet lassen. Windows übernimmt dann die Funktion des Routers per Software, inklusive DHCP-IP-Vergabe, DNS-Routing und automatischen Auf- und Abbau der Wählverbindung zum Provider.

Insgesamt beurteile ich die jetzt zur Verfügung stehende TCP/IP-Schnittstelle des KCNET auch als die einzig sinnvolle technische Lösung für die niedrig getakteten Z80-Systeme. Das System wird von allen rechenintensiven und zeitkritischen Vorgängen, welche der schichtweise Aufbau eines TCP/IP-Stacks nun mal mit sich bringt, vollkommen entlastet. Die kleinen Nachteile der nicht mehr veränderbaren Hardware des Stacks nehme ich für die Gegenleistung einer vollkommen freien Programmiermöglichkeit aller Protokolle gern in Kauf.

Wenn ich im Internet die Schwierigkeiten und Probleme anderer Lösungen sehe, welche IP-, UDP- und TCP-Layer per Software realisieren, kann man ziemlich schnell erkennen, dass unsere Systeme um die 2 MHz herum für solche Aufgaben einfach nicht genug Systemleistung für einen stabilen Betrieb von Software-TCP/IP und Anwendung aufbringen können, vor allem die Benutzbarkeit des Gesamtsystems leidet stark unter Software-TCP/IP.

Damit möchte ich dann den Kreis wieder schliessen und auf den ersten Projektartikel verweisen - auch in einer Modemlösung oder RS232 und SLIP über Linux sehe ich nicht viel mehr Sinn. Mit der eigenständigen KCNET-Schnittstelle am Heimnetzwerk ohne zusätzliche Fremdrechner bin ich hochzufrieden und es macht einfach mehr Spass, wenn etwas ohne Bastelei und Störungen zuverlässig seine Arbeit erledigt.

In diesem Sinne hoffe ich, dass uns die beiden neuen Schnittstellen - USB und Ethernet - in der KC-Zukunft noch viel Freude machen!